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The Imitation Game
Film(&)Philosophie
Akademiefür
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M = (Q, ∑, Γ,δ, q0,☐, qf)
Dr. Thomas Wachtendorf
angewandte Philosophie
Akademiefürangewandte Philosophie
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The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben
Morten Tyldum, 2014 (UK)
• Mit Benedict Cumberbatch und Keira Knightley
• Buch:Andrew Hodges
• Erzählt wird das Leben des englischen
Mathematikers Alan Turing, der maßgeblich an der
Entschlüsselung der deutschen ENIGMA-
Chiffriermaschine beteiligt war
Dr. Thomas Wachtendorf
Akademiefürangewandte Philosophie
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Was bisher geschah…
Ab etwa Mitte des 19. Jahrhunderts macht die
Mathematik einen Sprung von einer eher
Anwendungswissenschaft zu einer mathesis universalis,
wie sie René Descartes vorschwebte – also zu einer
Universalsprache, in der alles ausgedrückt werden
können soll, was Maß und Zahl unterworfen ist.
Was war passiert?
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Guiseppe Peano (1858-1932)
Axiomatisiert den Kalkül der natürlichen Zahlen.
Die natürlichen Zahlen lassen sich dadurch erstmals
mit mathematischen Methoden ableiten.
Außerdem entwickelt er eine zu diesem Zwecke
passende neue mathematische Notation, die durch
Bertrand Russell später populär wird (Beispiel:
„und“ := ^; „oder“ := v; „impliziert“ := →. „A und
B“ := A ^ B).
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George Boole (1815-1864)
Entwickelt den 1. algebraischen Logikkalkül, das heißt,
die Aussagenlogik wird mit algebraischen Methoden
formalisiert und damit berechenbar.
Das ist eineVoraussetzung für die spätere
Computerprogrammierung. Boole liefert auch ein
Entscheidbarkeitsverfahren für die Aussagenlogik.
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Gottlob Frege (1848-1925)
Revolutioniert die Logik durch die Entwicklung einer
formalen Sprache der Logik (Aussagen- und
Prädikatenlogik). Er liefert dadurch zugleich die
Grundlage für formallogische Beweise.
Frege will Fehler in den Grundlagen der Arithmetik
vermeiden, indem er die Mathematik auf die Logik
reduziert (Logizismus).
Bertrand Russell aber weist in Freges System
schließlich eine Antinomie nach.
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Gottlob Frege (1848-1925)
Revolutioniert die Logik durch die Entwicklung einer
formalen Sprache der Logik (Aussagen- und
Prädikatenlogik). Liefert die Grundlage für
formallogische Beweise.
Frege will Fehler in den Grundlagen der Arithmetik
vermeiden, indem er die Mathematik auf die Logik
reduziert (Logizismus).Aber: Die Prädikatenlogik II.
Stufe ist nicht vollständig und widerspruchsfrei.
Bertrand Russell weist in Freges System schließlich
eine Antinomie nach.
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Georg Cantor (1845-1925)
Entwickelt die Mengenlehre und definiert
Unendlichkeit in arithmetischen Begriffen. Mit Cantors
1. Diagonalargument lässt sich zeigen, dass zwei
unendliche Mengen gegebenenfalls gleich mächtig sind
(woraus die Möglichkeit folgt, dass es auch unendliche
Mengen gibt, die nicht gleich mächtig sind).
Das II. Diagonalargument beweist dann auch, dass die
Menge der reellen Zahlen überabzählbar ist.
Russell verwendet die Mengenlehre zur Bildung seiner
Antinomie.
Dr. Thomas Wachtendorf
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David Hilbert (1862-1943)
Angesichts der unklaren Grundlagenkrise der
Mathematik stellt Hilbert 1900 auf einem Kongress 23
Probleme vor, die gelöst werden müssen. Das
wichtigste, das Hilbert-Programm, fordert die
vollständige und widerspruchsfreie Axiomatisierung
der Arithmetik.
15 Probleme sind bisher gelöst, 3 sind ungelöst und 5
prinzipiell unlösbar – darunter das Hilbert-Programm.
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Alfred Tarski (1901-1983)
Versucht Russells Paradox und damit auch dem
Hilbert-Programm auf einem Umweg zu begegnen.
Durch die Einführung einer Objekt- und einer
Metasprache und der so genannten KonventionT lassen
sich die Probleme vermeiden. Dies aber nur um den
Preis einer Sprachen-Hierarchie, die zu
arithmetisieren Russell nicht gelingt.
Dr. Thomas Wachtendorf
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Die Grundlagen der Mathematik bleiben weiter
unklar. Es kommt zur Ausbildung und zum Streit
zwischen drei mathematischen Richtungen oder
Schulen, der bis heute nicht abschließend geklärt ist:
• Logizismus (Russell, Frege)
• Formalismus (Hilbert,Turing)
• Intuitionismus (Brouwer)
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Kurt Gödel (1906-1978)
Gödel arbeitet am Hilbert-Programm. 1929 kann er
dieVollständigkeit und Widerspruchsfreiheit der
Prädikatenlogik I. Stufe beweisen, was Hilberts
Bemühungen stützt.
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Kurt Gödel (1906-1978)
1931 jedoch gelingt ihm in seinem Aufsatz Über formal
unentscheidbare Sätze der Principia mathematica und
verwandter Systeme der Nachweis, dass es in einem
widerspruchsfreien, genügend reichhaltigen, aber
hinreichend einfachem Axiomensystem unbeweisbare
Aussagen gibt. Es gilt also, ein Axiomensystem ist:
1. nicht hinreichend einfach,
2. nicht vollständig
3. oder widersprüchig.
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Kurt Gödel (1906-1978)
Gödel benutzt für den Nachweis ein geniales
Verfahren, dass zwar Tarskis Beweisidee beibehält,
aber dessen Probleme umgeht. DasVerfahren wird
nach ihm Gödelisierung genannt. Es ermöglicht,
metasprachlichen Aussagen über die Sprache S mit
Sätzen der Sprache S in S auszudrücken.
Gödel gelingt schließlich noch der Beweis, dass die
Widerspruchsfreiheit eines Axiomensystems nicht aus
diesem System selbst ableitbar ist.
Hilberts Programm war gescheitert.
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Alan Turing (1912-1954), OBE (Order of the British Empire),
FRS (Fellow of the Royal Society)
Turing wird in England geboren und wächst dort auf,
seine Eltern leben teilweise in Indien. Er fällt durch
hohe Intelligenz auf. Mit 16 liest und versteht er
Einsteins Texte und leitet daraus Gesetze ab.
Turing studiert 1931-34 in Cambridge und erwirbt
seinen PhD in Princeton, USA, 1938. 1939 studiert er
bei Ludwig Wittgenstein in Cambridge.
Dr. Thomas Wachtendorf
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Turing arbeitet während des 2.Weltkriegs in Bletchley
Park an der Entschlüsselung der deutschen
Chiffriermaschine ENIGMA.
1952 wird er aufgrund seiner Homosexualität wegen
grober Unzucht und sexueller Perversion angeklagt
und zu einer Haftstrafe verurteilt. Er entgeht der Haft
durch chemische Kastration, die ihn depressiv macht.
Er stirbt in der Folge1954 durch Suizid.
2009 bittet Premierminister Gordon umVerzeihung
für die „entsetzliche Behandlung“, 2011 wird eine
Rehabilitierung abgelehnt, die 2013 durch einen Royal
Pardon von Elizabeth II erfolgt.
Dr. Thomas Wachtendorf
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Die Turing-Maschine
Was ist überhaupt eine Maschine?
Eine definierte Apparatur, die (in der) Kraft überträgt
(übertragen wird). Es muss klar sein, was die Maschine
macht.
Das Können einer Maschine hängt von deren
Bauweise ab.
Dr. Thomas Wachtendorf
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Die Turing-Maschine
Bei elektronischen Maschinen ist es umgekehrt: Ihr
Können hängt nicht in der Weise von der Bauweise
ab.
Elektronische Gatter (zum Beispiel: UND, ODER,
NICHT) sind nach bestimmten Regeln kombinierbar
und ermöglichen mächtige Operationen, die dennoch
– etwa durch die Boolsche Algebra – wohldefiniert
sind. Es wird keine Kraft mehr übertragen, sondern
Impulse.
Solche Maschinen werden durch Rechenprozesse,
nämlich Algorithmen, beschrieben.
Dr. Thomas Wachtendorf
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Die Turing-Maschine
Das einfachste Rechenmodell eines Computers ist die
Turing-Maschine (Computer sind auch Maschinen).
Sie hat: ein Steuerwerk, ein Speicherband, ein
Eingabealphabet, einen Lesekopf, der bewegt werden,
lesen und schreiben kann.
Dr. Thomas Wachtendorf
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Die Turing-Maschine
Definition:
M = (Q, ∑, Γ,δ, q0,☐, qf),
wobei:
Q = endliche Zustandsmenge
∑ = endliches Eingabealphabet
Γ = endliches Bandalphabet (∑ ⊂ Γ)
δ = (Q ∖ {qf}) × Γ → Q × Γ × {L, O, R} - Überführungsfunktion
q0 ∈ Q - Anfangszustand
☐ ∈ Γ ∖ ∑ - leeres Feld
qf ∈ Q - akzeptierter Zustand (Endzustand)
Dr. Thomas Wachtendorf
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Die Turing-Maschine
Die Turing-Maschine ermöglicht die mathematische
Definition folgender Begriffe:
Berechenbarkeit: Eine Rechnung ist durch eine endliche
Anzahl von festen Schritten (:= Algorithmus)
durchführbar. Eine solche Rechnung heißt auch
beweisbar (d.h.: es gibt eine Ableitung: Die Turing-
Maschine terminiert).
Entscheidbarkeit: Für jedes Element der Menge gibt es
einen Algorithmus, der beantwortet, ob das Element
eine Eigenschaft hat.
Dr. Thomas Wachtendorf
Akademiefürangewandte Philosophie
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Turing zeigt 1936 in seinem Aufsatz On Computable
Numbers, with an Application to the
Entscheidungsproblem, dass eine Turing-Maschine „jedes
vorstellbare mathematische Problem […] lösen
[kann], sofern dies auch durch einen Algorithmus
gelöst werden kann.“
Er bestätigt durch diese Arbeit Gödels These und
beweist zugleich, dass es keine Lösung für das
Entscheidungsproblem geben kann.
Außerdem legt er damit die Grundlagen der
theoretischen Informatik.
Dr. Thomas Wachtendorf
Akademiefürangewandte Philosophie
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Die Turing-Maschine
Die Turing-Maschine ermöglicht außerdem die
mathematische Definition des Begriffes:
Halteproblem: Kommt eine Turing-Maschine zum
Stehen? Es gibt keinen Algorithmus, der diese Frage
für alle möglichen Algorithmen und Eingaben
beweisen kann. Das heißt: Die automatische
Feststellung von Wahrheit innerhalb eines Systems ist
nicht möglich (vgl.Tarski).
Dr. Thomas Wachtendorf
The Imitation Game
Film(&)Philosophie
Akademiefür
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M = (Q, ∑, Γ,δ, q0, ☐, qf)
Dr. Thomas Wachtendorf
angewandte Philosophie

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  • 2. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben Morten Tyldum, 2014 (UK) • Mit Benedict Cumberbatch und Keira Knightley • Buch:Andrew Hodges • Erzählt wird das Leben des englischen Mathematikers Alan Turing, der maßgeblich an der Entschlüsselung der deutschen ENIGMA- Chiffriermaschine beteiligt war Dr. Thomas Wachtendorf
  • 3. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de Was bisher geschah… Ab etwa Mitte des 19. Jahrhunderts macht die Mathematik einen Sprung von einer eher Anwendungswissenschaft zu einer mathesis universalis, wie sie René Descartes vorschwebte – also zu einer Universalsprache, in der alles ausgedrückt werden können soll, was Maß und Zahl unterworfen ist. Was war passiert? Dr. Thomas Wachtendorf
  • 4. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de Guiseppe Peano (1858-1932) Axiomatisiert den Kalkül der natürlichen Zahlen. Die natürlichen Zahlen lassen sich dadurch erstmals mit mathematischen Methoden ableiten. Außerdem entwickelt er eine zu diesem Zwecke passende neue mathematische Notation, die durch Bertrand Russell später populär wird (Beispiel: „und“ := ^; „oder“ := v; „impliziert“ := →. „A und B“ := A ^ B). Dr. Thomas Wachtendorf
  • 5. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de George Boole (1815-1864) Entwickelt den 1. algebraischen Logikkalkül, das heißt, die Aussagenlogik wird mit algebraischen Methoden formalisiert und damit berechenbar. Das ist eineVoraussetzung für die spätere Computerprogrammierung. Boole liefert auch ein Entscheidbarkeitsverfahren für die Aussagenlogik. Dr. Thomas Wachtendorf
  • 6. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de Gottlob Frege (1848-1925) Revolutioniert die Logik durch die Entwicklung einer formalen Sprache der Logik (Aussagen- und Prädikatenlogik). Er liefert dadurch zugleich die Grundlage für formallogische Beweise. Frege will Fehler in den Grundlagen der Arithmetik vermeiden, indem er die Mathematik auf die Logik reduziert (Logizismus). Bertrand Russell aber weist in Freges System schließlich eine Antinomie nach. Dr. Thomas Wachtendorf
  • 7. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de Gottlob Frege (1848-1925) Revolutioniert die Logik durch die Entwicklung einer formalen Sprache der Logik (Aussagen- und Prädikatenlogik). Liefert die Grundlage für formallogische Beweise. Frege will Fehler in den Grundlagen der Arithmetik vermeiden, indem er die Mathematik auf die Logik reduziert (Logizismus).Aber: Die Prädikatenlogik II. Stufe ist nicht vollständig und widerspruchsfrei. Bertrand Russell weist in Freges System schließlich eine Antinomie nach. Dr. Thomas Wachtendorf
  • 8. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de Georg Cantor (1845-1925) Entwickelt die Mengenlehre und definiert Unendlichkeit in arithmetischen Begriffen. Mit Cantors 1. Diagonalargument lässt sich zeigen, dass zwei unendliche Mengen gegebenenfalls gleich mächtig sind (woraus die Möglichkeit folgt, dass es auch unendliche Mengen gibt, die nicht gleich mächtig sind). Das II. Diagonalargument beweist dann auch, dass die Menge der reellen Zahlen überabzählbar ist. Russell verwendet die Mengenlehre zur Bildung seiner Antinomie. Dr. Thomas Wachtendorf
  • 9. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de David Hilbert (1862-1943) Angesichts der unklaren Grundlagenkrise der Mathematik stellt Hilbert 1900 auf einem Kongress 23 Probleme vor, die gelöst werden müssen. Das wichtigste, das Hilbert-Programm, fordert die vollständige und widerspruchsfreie Axiomatisierung der Arithmetik. 15 Probleme sind bisher gelöst, 3 sind ungelöst und 5 prinzipiell unlösbar – darunter das Hilbert-Programm. Dr. Thomas Wachtendorf
  • 10. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de Alfred Tarski (1901-1983) Versucht Russells Paradox und damit auch dem Hilbert-Programm auf einem Umweg zu begegnen. Durch die Einführung einer Objekt- und einer Metasprache und der so genannten KonventionT lassen sich die Probleme vermeiden. Dies aber nur um den Preis einer Sprachen-Hierarchie, die zu arithmetisieren Russell nicht gelingt. Dr. Thomas Wachtendorf
  • 11. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de Die Grundlagen der Mathematik bleiben weiter unklar. Es kommt zur Ausbildung und zum Streit zwischen drei mathematischen Richtungen oder Schulen, der bis heute nicht abschließend geklärt ist: • Logizismus (Russell, Frege) • Formalismus (Hilbert,Turing) • Intuitionismus (Brouwer) Dr. Thomas Wachtendorf
  • 12. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de Kurt Gödel (1906-1978) Gödel arbeitet am Hilbert-Programm. 1929 kann er dieVollständigkeit und Widerspruchsfreiheit der Prädikatenlogik I. Stufe beweisen, was Hilberts Bemühungen stützt. Dr. Thomas Wachtendorf
  • 13. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de Kurt Gödel (1906-1978) 1931 jedoch gelingt ihm in seinem Aufsatz Über formal unentscheidbare Sätze der Principia mathematica und verwandter Systeme der Nachweis, dass es in einem widerspruchsfreien, genügend reichhaltigen, aber hinreichend einfachem Axiomensystem unbeweisbare Aussagen gibt. Es gilt also, ein Axiomensystem ist: 1. nicht hinreichend einfach, 2. nicht vollständig 3. oder widersprüchig. Dr. Thomas Wachtendorf
  • 14. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de Kurt Gödel (1906-1978) Gödel benutzt für den Nachweis ein geniales Verfahren, dass zwar Tarskis Beweisidee beibehält, aber dessen Probleme umgeht. DasVerfahren wird nach ihm Gödelisierung genannt. Es ermöglicht, metasprachlichen Aussagen über die Sprache S mit Sätzen der Sprache S in S auszudrücken. Gödel gelingt schließlich noch der Beweis, dass die Widerspruchsfreiheit eines Axiomensystems nicht aus diesem System selbst ableitbar ist. Hilberts Programm war gescheitert. Dr. Thomas Wachtendorf
  • 15. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de Alan Turing (1912-1954), OBE (Order of the British Empire), FRS (Fellow of the Royal Society) Turing wird in England geboren und wächst dort auf, seine Eltern leben teilweise in Indien. Er fällt durch hohe Intelligenz auf. Mit 16 liest und versteht er Einsteins Texte und leitet daraus Gesetze ab. Turing studiert 1931-34 in Cambridge und erwirbt seinen PhD in Princeton, USA, 1938. 1939 studiert er bei Ludwig Wittgenstein in Cambridge. Dr. Thomas Wachtendorf
  • 16. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de Turing arbeitet während des 2.Weltkriegs in Bletchley Park an der Entschlüsselung der deutschen Chiffriermaschine ENIGMA. 1952 wird er aufgrund seiner Homosexualität wegen grober Unzucht und sexueller Perversion angeklagt und zu einer Haftstrafe verurteilt. Er entgeht der Haft durch chemische Kastration, die ihn depressiv macht. Er stirbt in der Folge1954 durch Suizid. 2009 bittet Premierminister Gordon umVerzeihung für die „entsetzliche Behandlung“, 2011 wird eine Rehabilitierung abgelehnt, die 2013 durch einen Royal Pardon von Elizabeth II erfolgt. Dr. Thomas Wachtendorf
  • 17. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de Die Turing-Maschine Was ist überhaupt eine Maschine? Eine definierte Apparatur, die (in der) Kraft überträgt (übertragen wird). Es muss klar sein, was die Maschine macht. Das Können einer Maschine hängt von deren Bauweise ab. Dr. Thomas Wachtendorf
  • 18. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de Die Turing-Maschine Bei elektronischen Maschinen ist es umgekehrt: Ihr Können hängt nicht in der Weise von der Bauweise ab. Elektronische Gatter (zum Beispiel: UND, ODER, NICHT) sind nach bestimmten Regeln kombinierbar und ermöglichen mächtige Operationen, die dennoch – etwa durch die Boolsche Algebra – wohldefiniert sind. Es wird keine Kraft mehr übertragen, sondern Impulse. Solche Maschinen werden durch Rechenprozesse, nämlich Algorithmen, beschrieben. Dr. Thomas Wachtendorf
  • 19. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de Die Turing-Maschine Das einfachste Rechenmodell eines Computers ist die Turing-Maschine (Computer sind auch Maschinen). Sie hat: ein Steuerwerk, ein Speicherband, ein Eingabealphabet, einen Lesekopf, der bewegt werden, lesen und schreiben kann. Dr. Thomas Wachtendorf
  • 20. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de Die Turing-Maschine Definition: M = (Q, ∑, Γ,δ, q0,☐, qf), wobei: Q = endliche Zustandsmenge ∑ = endliches Eingabealphabet Γ = endliches Bandalphabet (∑ ⊂ Γ) δ = (Q ∖ {qf}) × Γ → Q × Γ × {L, O, R} - Überführungsfunktion q0 ∈ Q - Anfangszustand ☐ ∈ Γ ∖ ∑ - leeres Feld qf ∈ Q - akzeptierter Zustand (Endzustand) Dr. Thomas Wachtendorf
  • 21. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de Die Turing-Maschine Die Turing-Maschine ermöglicht die mathematische Definition folgender Begriffe: Berechenbarkeit: Eine Rechnung ist durch eine endliche Anzahl von festen Schritten (:= Algorithmus) durchführbar. Eine solche Rechnung heißt auch beweisbar (d.h.: es gibt eine Ableitung: Die Turing- Maschine terminiert). Entscheidbarkeit: Für jedes Element der Menge gibt es einen Algorithmus, der beantwortet, ob das Element eine Eigenschaft hat. Dr. Thomas Wachtendorf
  • 22. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de Turing zeigt 1936 in seinem Aufsatz On Computable Numbers, with an Application to the Entscheidungsproblem, dass eine Turing-Maschine „jedes vorstellbare mathematische Problem […] lösen [kann], sofern dies auch durch einen Algorithmus gelöst werden kann.“ Er bestätigt durch diese Arbeit Gödels These und beweist zugleich, dass es keine Lösung für das Entscheidungsproblem geben kann. Außerdem legt er damit die Grundlagen der theoretischen Informatik. Dr. Thomas Wachtendorf
  • 23. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de Die Turing-Maschine Die Turing-Maschine ermöglicht außerdem die mathematische Definition des Begriffes: Halteproblem: Kommt eine Turing-Maschine zum Stehen? Es gibt keinen Algorithmus, der diese Frage für alle möglichen Algorithmen und Eingaben beweisen kann. Das heißt: Die automatische Feststellung von Wahrheit innerhalb eines Systems ist nicht möglich (vgl.Tarski). Dr. Thomas Wachtendorf
  • 24. The Imitation Game Film(&)Philosophie Akademiefür http://akademiephilosophie.de M = (Q, ∑, Γ,δ, q0, ☐, qf) Dr. Thomas Wachtendorf angewandte Philosophie