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2001 – Odyssee im Weltraum
Film(&)Philosophie
Akademiefürangewandte Philosophie
http://akademiephilosophie.de
The Dawn of Man
Dr. Thomas Wachtendorf
Akademiefürangewandte Philosophie
http://akademiephilosophie.deDr. Thomas Wachtendorf
Herzlich willkommen bei der Akademie für
angewandte Philosophie im SchlachthofKino!
Was sind Autorenfilme?
Akademiefürangewandte Philosophie
http://akademiephilosophie.de
Bei Autorenfilmen übernimmt der Autor alle wesentlichen
Funktionen bei der Herstellung eines Films: 	

Drehbuch, Entwicklung der Bildsprache und des
Storyboards, Regie, oft sogar DOP, Schnitt.
Dr. Thomas Wachtendorf
„Von den Dichtern erwarten wir Wahrheit.“	

Hannah Arendt	

!
Schön ist nicht, was gefällt, sondern umgekehrt gefällt
etwas (wird als schön empfunden), weil es bestimmten
(unbewussten) geteilten Regeln folgt. Diese Regeln
können systematisch ergründet – verstanden – werden.	

Autorenfilmer arbeiten mit diesen Regeln, wollen sie
transparent machen und die Zuschauer dadurch zu
einemVerständnis einer besonderen, begründeten
Weltsicht anleiten, die Anspruch auf Wahrheit erhebt.	

!
→ Ethik mit den Mitteln der Ästhetik.
Akademiefürangewandte Philosophie
http://akademiephilosophie.de
Was wollen Autorenfilmer?
Dr. Thomas Wachtendorf
Filmtheorie: 	

technisch, klassifikatorisch	

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Filmästhetik: 	

Befasst sich mit demVerhältnis von Form und
Inhalt und dessen Stimmigkeit (Kohärenz)	

!
Filmphilosophie: 	

Was sind Bedeutung und Aussage eines Films?
Dies ist eine Interpretation, die auch
filmtheoretische und filmästhetische Aspekte
umfasst.
Akademiefürangewandte Philosophie
http://akademiephilosophie.de
Was ist Filmphilosophie?
Dr. Thomas Wachtendorf
Akademiefürangewandte Philosophie
http://akademiephilosophie.deDr. Thomas Wachtendorf
Über den Regisseur: Stanley Kubrick (1928-1999)	

!
• zählt zu den herausragenden Regisseuren der Welt	

• seine Filme zeichnen sich durch eine hohe
intellektuelle Tiefe aus, die sich in derVerwendung
von Symbolik zeigt → Symbolismus	

• Seine Filme sind perfekt komponiert. Jede Einstellung,
jedes Detail ist relevant	

• Kubrick war frei von Zeit- und Geldvorgaben	

• er hat keinen Oscar bekommen	

• sein wiederkehrendes Thema ist das Scheitern der
Menschlichkeit	

• Kubrick wollte das Medium Film verstehen, indem er
jedes Genre analysiert und perfektioniert hat:
Akademiefürangewandte Philosophie
http://akademiephilosophie.deDr. Thomas Wachtendorf
Über den Regisseur: Seine Filme (Auswahl)	

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• Spartacus (1960), Sandalenfilm	

• Lolita (1962), Literaturverfilmung	

• Dr. Seltsam oder wie ich lernte, die Bombe zu lieben
(1964), Satire/Komödie	

• 2001 – Odyssee im Weltraum (1968), Science
Fiction	

• A Clockwork Orange (1971), politischer Film	

• Barry Lyndon (1975), historischer (Kostüm-)Film	

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• Full Metal Jacket (1987), Kriegsfilm	

• Eyes Wide Shut (1999), Erotikdrama
Akademiefürangewandte Philosophie
http://akademiephilosophie.deDr. Thomas Wachtendorf
Über den Film: „2001 – A Space Odyssee“ (GB, 1968)	

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• drei Jahre Drehzeit	

• revolutionäre und bis heute Maßstäbe setzende
Tricktechnik	

• gedreht auf 70 mm	

• vom Regisseur um 19 Minuten gekürzt	

• der berühmteste match cut der Filmgeschichte	

• Kinofassung mit Einleitung und „Intermission“	

• vier Kapitel, das zweite ohne Zwischenüberschrift	

• 70 % des Films enthalten keinen Text (etwa 100 Min)
Akademiefürangewandte Philosophie
http://akademiephilosophie.deDr. Thomas Wachtendorf
Über den Film: „2001 – A Space Odyssee“ (GB, 1968)	

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• Einsatz der Musik (Art, Choreographie): György
Ligeti: Atmosphères, Requiem, Lux Aeterna. Richard
Strauss: Also sprach Zarathustra. Johann Strauß: An der
schönen blauen Donau.	

• Schnitt: Schwarzblenden, hart	

• Kameraeinstellung: unauffällige
Beobachterperspektive	

• (Farb-)Stimmung: kalt, emotionslos, dokumentarisch.
Emotionen werden erst erzeugt, als der
emotionslose Computer abgeschaltet wird	

• HAL 9000 („derVorgänger von IBM“), "Hölle"
Akademiefürangewandte Philosophie
http://akademiephilosophie.deDr. Thomas Wachtendorf
Was ist/was will „2001 – Odyssee im Weltraum“?	

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• Filmtheorie: Science Fiction	

• Filmästhetik: zielt darauf ab, den Zuschauer
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• Filmphilosophie: … mit der Aussage des Films
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„2001“ ist die perfekte Einheit von Inhalt und Form,
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• „Die Bedrohung des Menschen kommt nicht erst
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Maschinen und Apparaturen der Technik. Die
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seinem Wesen angegangen.“ (Heidegger, Die Technik)
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Martin Heidegger (1889-1976): 	

Die Frage nach derTechnik (1949, Bremen)	

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• Die Frage nach dem Wesen der Technik. Erster
Versuch: Die Technik ist ein Mittel zum Zweck
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nicht ihr Wesen. → „The Dawn of Man“
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Ein Blick in die Antike:	

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• techné ist die Fähigkeit zur póiesis, zum
Hervorbringen. Dieses Hervorbringen ist ein
Entbergen, in dem Sinne, in dem esVerborgenes
aufdeckt. Techné ist immer verbunden mit epistéme:
kennen, erkennen, sich auskennen (→ aletheia: die
Wahrheit als insWerk setzen). Beispiel: Blüte (sich,
physis) / Handwerker (andere)	

• Die Technik ist danach eine Weise des Entbergens.	

• Dadurch ist die vormoderne Technik charakterisiert.
Beispiel:Windmühle
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Die moderne Technik ist von anderer Art	

!
• „Das in der modernenTechnik waltende Entbergen ist
ein Herausfordern, das an die Natur das Ansinnen stellt,
Energie zu liefern, die als solche herausgefördert und
gespeichert werden kann.“	

• Die Förderung von Kohle etwa fordert den
Landstrich heraus. Der Landstrich wird von einer
Landschaft zu einem potentiellen Kohlelieferanten. Das
Herausfordern verändert die Dinge. 	

• „The Dawn of Man": Der Mitmensch wird ebenfalls
herausgefordert und durch die Technik verändert.
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Die moderne Technik ist von anderer Art	

!
• „Die Steuerung [des Herausforderns] selbst wird
ihrerseits überall gesichert. Steuerung und Sicherung
werden sogar die Hauptzüge des herausfordernden
Entbergens.“	

• Das Herausfordern wird effizient perfektioniert und
selbst Gegenstand der Herausforderung, um noch
besser herausfordern zu können.
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Die moderne Technik ist von anderer Art	

!
• Die moderne Technik stellt Ansprüche an die Natur.
Heidegger nennt diese Eigenschaft der modernen
Technik: herausforderndes Stellen.	

• „Überall ist es bestellt, auf der Stelle zur Stelle zu
stehen, und zwar zu stehen, um selbst bestellbar zu sein
für ein weiteres Bestellen.“	

• „Das so Bestellte hat seinen eigenen Stand.Wir nennen
ihn den Bestand.“ Beispiel: Flugzeug
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Die moderne Technik ist von anderer Art	

!
• „Wir nennen jetzt jenen herausfordernden Anspruch,
der den Menschen dahin versammelt, das
Sichentbergende als Bestand zu bestellen
– das Ge-stell.“	

• „Ge-stell heißt dieWeise des Entbergens, die imWesen
der modernenTechnik waltet.“
Akademiefürangewandte Philosophie
http://akademiephilosophie.deDr. Thomas Wachtendorf
Die Gefahr der modernen Technik liegt nun in ihrem
Wesen des Gestells:	

!
• „Sobald das Unverborgene nicht einmal mehr als
Gegenstand, sondern ausschließlich als Bestand den
Menschen angeht und der Mensch innerhalb des
Gegenstandlosen nur noch der Besteller des Bestandes
ist, – geht der Mensch am äußersten Rand des
Absturzes, dorthin nämlich, wo er selber nur noch als
Bestand genommen werden soll. […] Dadurch macht
sich der Anschein breit, alles, was begegne, bestehe nur,
insofern es ein Gemächte des Menschen sei.“
Akademiefürangewandte Philosophie
http://akademiephilosophie.deDr. Thomas Wachtendorf
!
Jupiter and Beyond the Infinite	

!
„Das Gefährliche ist nicht die Technik“, sondern die
Art, wie ihr Wesen von uns adaptiert wird und uns
formt.	

!
Die moderne Technik verstellt den Blick auf uns selbst,
sie verstellt den Zugang zu Wahrheit und Erkenntnis.
Der Mensch begegnet nicht mehr sich selbst, sondern
nur noch Bestand. Er gerät auf eine Odyssee, eine
Irrfahrt, und nicht mehr auf einen Weg zu sich selbst.
Akademiefürangewandte Philosophie
http://akademiephilosophie.deDr. Thomas Wachtendorf
!
Jupiter and Beyond the Infinite	

!
Die moderne Technik verstellt den Blick auf uns selbst,
sie verstellt den Zugang zu Wahrheit und Erkenntnis.
Der Mensch begegnet nicht mehr sich selbst, sondern
nur noch Bestand. Man muss die Technik überwinden
(HAL abschalten), um zum Menschen zu kommen.	

!
• Telefon	

• Navigationsgeräte	

• „Diese Einstellung ist im System nicht möglich“	

• Die Technik als absolute Metapher (Hans
Blumenberg): Die Wissenschaft / Medizin wird es
bald können
2001 – Odyssee im Weltraum
Film(&)Philosophie
Akademiefürangewandte Philosophie
http://akademiephilosophie.de
The Dawn of Man
Dr. Thomas Wachtendorf

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Filmphilosophie: 2001 - Odyssee im Weltraum

  • 1. 2001 – Odyssee im Weltraum Film(&)Philosophie Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de The Dawn of Man Dr. Thomas Wachtendorf
  • 2. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.deDr. Thomas Wachtendorf Herzlich willkommen bei der Akademie für angewandte Philosophie im SchlachthofKino!
  • 3. Was sind Autorenfilme? Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de Bei Autorenfilmen übernimmt der Autor alle wesentlichen Funktionen bei der Herstellung eines Films: Drehbuch, Entwicklung der Bildsprache und des Storyboards, Regie, oft sogar DOP, Schnitt. Dr. Thomas Wachtendorf
  • 4. „Von den Dichtern erwarten wir Wahrheit.“ Hannah Arendt ! Schön ist nicht, was gefällt, sondern umgekehrt gefällt etwas (wird als schön empfunden), weil es bestimmten (unbewussten) geteilten Regeln folgt. Diese Regeln können systematisch ergründet – verstanden – werden. Autorenfilmer arbeiten mit diesen Regeln, wollen sie transparent machen und die Zuschauer dadurch zu einemVerständnis einer besonderen, begründeten Weltsicht anleiten, die Anspruch auf Wahrheit erhebt. ! → Ethik mit den Mitteln der Ästhetik. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de Was wollen Autorenfilmer? Dr. Thomas Wachtendorf
  • 5. Filmtheorie: technisch, klassifikatorisch ! Filmästhetik: Befasst sich mit demVerhältnis von Form und Inhalt und dessen Stimmigkeit (Kohärenz) ! Filmphilosophie: Was sind Bedeutung und Aussage eines Films? Dies ist eine Interpretation, die auch filmtheoretische und filmästhetische Aspekte umfasst. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de Was ist Filmphilosophie? Dr. Thomas Wachtendorf
  • 6. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.deDr. Thomas Wachtendorf Über den Regisseur: Stanley Kubrick (1928-1999) ! • zählt zu den herausragenden Regisseuren der Welt • seine Filme zeichnen sich durch eine hohe intellektuelle Tiefe aus, die sich in derVerwendung von Symbolik zeigt → Symbolismus • Seine Filme sind perfekt komponiert. Jede Einstellung, jedes Detail ist relevant • Kubrick war frei von Zeit- und Geldvorgaben • er hat keinen Oscar bekommen • sein wiederkehrendes Thema ist das Scheitern der Menschlichkeit • Kubrick wollte das Medium Film verstehen, indem er jedes Genre analysiert und perfektioniert hat:
  • 7. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.deDr. Thomas Wachtendorf Über den Regisseur: Seine Filme (Auswahl) ! • Spartacus (1960), Sandalenfilm • Lolita (1962), Literaturverfilmung • Dr. Seltsam oder wie ich lernte, die Bombe zu lieben (1964), Satire/Komödie • 2001 – Odyssee im Weltraum (1968), Science Fiction • A Clockwork Orange (1971), politischer Film • Barry Lyndon (1975), historischer (Kostüm-)Film • Shining (1980), Horrorfilm • Full Metal Jacket (1987), Kriegsfilm • Eyes Wide Shut (1999), Erotikdrama
  • 8. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.deDr. Thomas Wachtendorf Über den Film: „2001 – A Space Odyssee“ (GB, 1968) ! • drei Jahre Drehzeit • revolutionäre und bis heute Maßstäbe setzende Tricktechnik • gedreht auf 70 mm • vom Regisseur um 19 Minuten gekürzt • der berühmteste match cut der Filmgeschichte • Kinofassung mit Einleitung und „Intermission“ • vier Kapitel, das zweite ohne Zwischenüberschrift • 70 % des Films enthalten keinen Text (etwa 100 Min)
  • 9. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.deDr. Thomas Wachtendorf Über den Film: „2001 – A Space Odyssee“ (GB, 1968) ! • Einsatz der Musik (Art, Choreographie): György Ligeti: Atmosphères, Requiem, Lux Aeterna. Richard Strauss: Also sprach Zarathustra. Johann Strauß: An der schönen blauen Donau. • Schnitt: Schwarzblenden, hart • Kameraeinstellung: unauffällige Beobachterperspektive • (Farb-)Stimmung: kalt, emotionslos, dokumentarisch. Emotionen werden erst erzeugt, als der emotionslose Computer abgeschaltet wird • HAL 9000 („derVorgänger von IBM“), "Hölle"
  • 10. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.deDr. Thomas Wachtendorf Was ist/was will „2001 – Odyssee im Weltraum“? ! • Filmtheorie: Science Fiction • Filmästhetik: zielt darauf ab, den Zuschauer anzustrengen und anzuspannen und ihn dadurch in die gewünschteVerfassung zu bringen, die… • Filmphilosophie: … mit der Aussage des Films übereinstimmt ! „2001“ ist die perfekte Einheit von Inhalt und Form, von Ästhetik und Ethik.
  • 11. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.deDr. Thomas Wachtendorf Was ist die Kernthese des Films? ! • „Die Bedrohung des Menschen kommt nicht erst von den möglicherweise tödlich wirkenden Maschinen und Apparaturen der Technik. Die eigentliche Bedrohung hat den Menschen bereits in seinem Wesen angegangen.“ (Heidegger, Die Technik)
  • 12. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.deDr. Thomas Wachtendorf Martin Heidegger (1889-1976): Die Frage nach derTechnik (1949, Bremen) ! • Die Frage nach dem Wesen der Technik. Erster Versuch: Die Technik ist ein Mittel zum Zweck (instrumentell). Das ist zwar ihre Eigenschaft, aber nicht ihr Wesen. → „The Dawn of Man“
  • 13. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.deDr. Thomas Wachtendorf Ein Blick in die Antike: ! • techné ist die Fähigkeit zur póiesis, zum Hervorbringen. Dieses Hervorbringen ist ein Entbergen, in dem Sinne, in dem esVerborgenes aufdeckt. Techné ist immer verbunden mit epistéme: kennen, erkennen, sich auskennen (→ aletheia: die Wahrheit als insWerk setzen). Beispiel: Blüte (sich, physis) / Handwerker (andere) • Die Technik ist danach eine Weise des Entbergens. • Dadurch ist die vormoderne Technik charakterisiert. Beispiel:Windmühle
  • 14. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.deDr. Thomas Wachtendorf Die moderne Technik ist von anderer Art ! • „Das in der modernenTechnik waltende Entbergen ist ein Herausfordern, das an die Natur das Ansinnen stellt, Energie zu liefern, die als solche herausgefördert und gespeichert werden kann.“ • Die Förderung von Kohle etwa fordert den Landstrich heraus. Der Landstrich wird von einer Landschaft zu einem potentiellen Kohlelieferanten. Das Herausfordern verändert die Dinge. • „The Dawn of Man": Der Mitmensch wird ebenfalls herausgefordert und durch die Technik verändert.
  • 15. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.deDr. Thomas Wachtendorf Die moderne Technik ist von anderer Art ! • „Die Steuerung [des Herausforderns] selbst wird ihrerseits überall gesichert. Steuerung und Sicherung werden sogar die Hauptzüge des herausfordernden Entbergens.“ • Das Herausfordern wird effizient perfektioniert und selbst Gegenstand der Herausforderung, um noch besser herausfordern zu können.
  • 16. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.deDr. Thomas Wachtendorf Die moderne Technik ist von anderer Art ! • Die moderne Technik stellt Ansprüche an die Natur. Heidegger nennt diese Eigenschaft der modernen Technik: herausforderndes Stellen. • „Überall ist es bestellt, auf der Stelle zur Stelle zu stehen, und zwar zu stehen, um selbst bestellbar zu sein für ein weiteres Bestellen.“ • „Das so Bestellte hat seinen eigenen Stand.Wir nennen ihn den Bestand.“ Beispiel: Flugzeug
  • 17. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.deDr. Thomas Wachtendorf Die moderne Technik ist von anderer Art ! • „Wir nennen jetzt jenen herausfordernden Anspruch, der den Menschen dahin versammelt, das Sichentbergende als Bestand zu bestellen – das Ge-stell.“ • „Ge-stell heißt dieWeise des Entbergens, die imWesen der modernenTechnik waltet.“
  • 18. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.deDr. Thomas Wachtendorf Die Gefahr der modernen Technik liegt nun in ihrem Wesen des Gestells: ! • „Sobald das Unverborgene nicht einmal mehr als Gegenstand, sondern ausschließlich als Bestand den Menschen angeht und der Mensch innerhalb des Gegenstandlosen nur noch der Besteller des Bestandes ist, – geht der Mensch am äußersten Rand des Absturzes, dorthin nämlich, wo er selber nur noch als Bestand genommen werden soll. […] Dadurch macht sich der Anschein breit, alles, was begegne, bestehe nur, insofern es ein Gemächte des Menschen sei.“
  • 19. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.deDr. Thomas Wachtendorf ! Jupiter and Beyond the Infinite ! „Das Gefährliche ist nicht die Technik“, sondern die Art, wie ihr Wesen von uns adaptiert wird und uns formt. ! Die moderne Technik verstellt den Blick auf uns selbst, sie verstellt den Zugang zu Wahrheit und Erkenntnis. Der Mensch begegnet nicht mehr sich selbst, sondern nur noch Bestand. Er gerät auf eine Odyssee, eine Irrfahrt, und nicht mehr auf einen Weg zu sich selbst.
  • 20. Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.deDr. Thomas Wachtendorf ! Jupiter and Beyond the Infinite ! Die moderne Technik verstellt den Blick auf uns selbst, sie verstellt den Zugang zu Wahrheit und Erkenntnis. Der Mensch begegnet nicht mehr sich selbst, sondern nur noch Bestand. Man muss die Technik überwinden (HAL abschalten), um zum Menschen zu kommen. ! • Telefon • Navigationsgeräte • „Diese Einstellung ist im System nicht möglich“ • Die Technik als absolute Metapher (Hans Blumenberg): Die Wissenschaft / Medizin wird es bald können
  • 21. 2001 – Odyssee im Weltraum Film(&)Philosophie Akademiefürangewandte Philosophie http://akademiephilosophie.de The Dawn of Man Dr. Thomas Wachtendorf