Medien und Politik - Zentrale Begriffe, Konzepte und Entwicklungen
1. Medien und Politik
Zentrale Begriffe, Konzepte und
Entwicklungen
Christian Schmidt
21. Januar 2009
Politikseminar, PH Weingarten
21. Januar 2009, PH Weingarten Politik 2.0 – Das Internet als Schlüssel zur deliberativen Demokratie Folie 1
2. Agenda
• (Massen-)Medien und demokratische
Gesellschaftsformen
• Politische relevante Theorien der Medienproduktion und
Medienwirkung
• Aktuelle Entwicklungen
• Diskussion
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3. Medien und Demokratie = Mediendemokratie?
Demokratie ist durch politischen Diskurs gekennzeichnet.
Parlamentarische Entscheidungen und politische Handlungen
werden dem öffentlichen Diskurs zugeführt, dort verhandelt
und legitimiert.
Demokratie erfordert mündige und politisch aktive Bürger.
Heute sind (Massen-)Medien für das Funktionieren einer
demokratischen Gesellschaft von zentraler Bedeutung.
Schlagworte: Mediendemokratie (Sarcinelli 1998), Mediokratie (Meyer 2001),
Videocracy (Mazoleni 1995)
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4. Funktionen der (Massen-)Medien in demokratischen
Gesellschaften
Informationsfunktion (basale Funktion)
Medien schaffen die informationelle Grundlage für den
kommunikativen Austausch der Bürger untereinander.
Meinungsbildungsfunktion
Medien liefern den Input für (individuelle und öffentliche)
Meinungsbildungsprozesse und vermitteln den Output.
Kritik- und Kontrollfunktion („Vierte Gewalt“)
Journalismus als „Tribunal, wo Tugend und Laster unparteiisch
geprüft […] und Unterdrückung, Bosheit, Ungerechtigkeit, Weichheit
und Üppigkeit mit Verachtung und Schande gebrandmarkt [werden].“
(Philipp 1784)
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5. Dreieck der politischen (Medien-)Kommunikation
(in Anlehnung an Vowe 2001, 127)
Politische Massen-
Akteure medien
Elektorat
beobachten
benutzen
beschränken
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6. Dreieck der politischen (Medien-)Kommunikation
(in Anlehnung an Vowe 2001, 127)
Politische Massen-
Akteure medien
Das Verhältnis zwischen Politik und Medien lässt sich auf drei Ebenen untersuchen:
• Mikroebene
soziale Handlungsebene von Individuen und sozialen Gruppen
• Mesoebene Elektorat
Handlungsebene von Organisationen und Institutionen beobachten
benutzen
• Makroebene
beschränken
gesamtgesellschaftliche Ebene
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7. Dependenzthese vs. Instrumentalisierungsthese
Zentrale Annahme: zwischen Massenmedien und Politik besteht ein
Verhältnis der Über- und Unterordnung
Dependenztheorie:
– Politik ist in die Abhängigkeit der Massenmedien geraten.
– Forderung nach Autonomie und Funktionssicherung politischer Institutionen sowie
einer dienenden Rolle der Massenmedien
Instrumentalisierungstheorie:
– Zunehmender Autonomieverlust der Massenmedien, als Resultat von
Instrumentalisierungsstragien des politischen-administrativen Systems
Interdependenz und Symbiose:
– Interprenetationsverhältnis mit wechselseitigen Abhängigkeiten und
Anpassungsprozessen
– Tauschbeziehung: Information gegen Publizität und umgekehrt
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8. Journalisten und Nachrichtenauswahl:
Nachrichtenwerttheorie (vgl. u.a. Staab 1990)
Nachrichtenfaktoren:
Charakteristika von Ereignissen, die die Wahrscheinlichkeit erhöhen,
dass die Ereignisse zu Meldungen und in den Medien publiziert werden
je nach Forschungstradition und Vertreter unterschiedliche Anzahl
von Faktoren
Nachrichtenwert…
… entsteht durch Vorhandensein und Kombination der
Nachrichtenfaktoren; je mehr Nachrichtenfaktoren auf ein Ereignis
zutreffen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit der Veröffentlichung
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9. Journalisten und Nachrichtenauswahl:
Gatekeeper-Ansatz (vgl. White 1950)
Ereignis 1 Nachrichtenauswahl durch die Gatekeeper als
Medienbericht über ausgewähltes Ereignis
Mehrstufiger Prozess, z.B.
Ereignis 2
Reporter vor Ort
Ereignis 3
Nachrichtenagenturen
Ereignis 4
Redaktion
Ereignis 5
Journalist
…
• Gatekeeper-Funktion eher bei Agenturen,
Journalist oftmals passiver Informationsvermittler
• Einflüsse auf Selektion durch Interessensgruppen
Ereignis n
und Produktionsbedingungen
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10. Politisch relevante Theorien der Medienwirkung:
Zwei-Stufen-Fluss der Kommunikationen
Massenmedien
Ideen
Meinungsführer
weniger
Interessierte
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11. Politisch relevante Theorien der Medienwirkung:
Agenda-Setting und Agenda-Building
Agenda-Setting…
„bezeichnet die Fähigkeit der Massenmedien, durch die Betonung von
Themen in der Berichterstattung […] zu beeinflussen, welche Themen
in einer Gesellschaft (Makroebene) sowie von einzelnen
Medienrezipienten (Mirkoebene) als besonders wichtig erachtet
werden.“ (Brettscheider 198, 635)
spezielle Form: Inter-Media-Agenda-Setting
Agenda-Building…
„[ist] ein Prozess, durch den die Medienagenden und
Publikumsagenden die Agenda der politischen Eliten beeinflussen und
umgekehrt.“ (Schenk 2002)
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12. Politisch relevante Theorien der Medienwirkung:
Priming und Framing (Iyengar/Simon 1984)
Priming
„concerns the relationship between patterns of news coverage and the
criteria with which the public evaluates politicians.“
Berichterstattung beeinflusst die Kriterien, nach denen politische
Akteure durch die Rezipienten beurteilt werden.
Framing
„the connection between qualitative features of news […] and public
opinion.“
Formale und inhaltliche Charakterisierung eines Themas definiert,
wie Themen, Personen oder Gegenstände wahrgenommen werden.
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13. Politisch relevante Theorien der Medienwirkung:
Die Schweigespirale (Noelle-Neumann 1982)
Pro Contra
Reden
…
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14. Amerikanisierungsthese
(vgl. Jarren/Donges 2002)
„[...] einen Vorgang, dessen auffälligstes Merkmal die Übernahme
von Wahlkampfmethoden aus den USA ist.“ (Schulz 1998, 378)
weiter gefasstes Verständnis: Veränderungen in der
Politikdarstellung und der politischen Kultur insgesamt
Merkmale:
– Personalisierung
– Professionalisierung und Marketing-Ansatz
– Emotionalisierung
Kritik: fehlende Trennschärfe (Gegenstand und Ebene),
Modernisierungsthese, Unterschiede in politischen Systemen
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15. Tendenzen im politischen Medienangebot
(vgl. Vowe/Dohle 2007)
Negativismus, Alarmismus und Beschleunigung
Politik wird heute schlechter, schriller und hektischer dargestellt
als früher
Visualisierung und Personalisierung
Politik wird auf die bildlich darstellbaren und personell
zurechenbare Elemente reduziert
Individualisierung
Politische Information wird von einem Gemeinschaftsgut zum
Angebot für spezifische Zielgruppen
Entpolitisierung und Entertainisierung
Politik verliert an Bedeutung im Medienangebot und wird wenn
nur
von ihrer unterhaltsamen Seite dargestellt
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16. Politainment
(vgl. Dörner 2001)
Konstituiert sich auf zwei Ebene:
– Politische Unterhaltung (primäre Unterhaltungsorientierung)
„Die Unterhaltungsindustrie verwendet gezielt politische Figuren, Themen und
Geschehnisse als Material zur Konstruktion ihrer fiktionalen Bildwelten, um so
ihre Produkte interessant und attraktiv zu gestalten.“ (Dörner 2001, 32)
– Unterhaltende Politik (primär Informationsvermittlung)
„[liegt] immer dann vor, wenn politische Akteure auf Instrumente und Stilmittel
der Unterhaltungskultur zurückgreifen, um ihre jeweiligen Ziele zu realisieren.“
(Dörner 2001, 31)
Chancen: Erreichen neuer Rezipientengruppen, „sich von der menschlichen
Seite zeigen“
Risiken: nur teilweise steuerbare Mechanismen, Diskrepanz zwischen
Darstellung und politischer Rolle
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17. Imagewandel der Medien
(Quelle: ACTA 2008)
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18. Nutzung von Internet und Zeitung nach Alter
(Quelle: ACTA 2008)
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19. Bedeutung des Internets als Informationsmedium
(Quelle: ACTA 2008)
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20. Politische Kommunikation unter Berücksichtung des
Internets (vgl. Gramling 2006)
Politische Akteure
Massen-
Internet
medien
Elektorat
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21. Die Erben des Howard Dean
„Chatten und bloggen für den Wahlkampf“
(ZDF Morgenmagazin, 14.01.2009)
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22. Herzlichen Dank für
Ihre Aufmerksamkeit
Christian Schmidt
Büro: W 1.20
Tel. 0751 / 501-8577
Email: schmidt@ph-weingarten.de
www.ph-weingarten.de/medien-bildungsmanagement
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