Digitales Storytelling in der Unternehmenskommunikation

Schweizerische Text Akademie
CAS Digital Publisher
CAS Digital Publisher/Digital Storytelling/2014, 1

i. Einstimmung und aktuelle Fragen

Worum geht es?
Multimediale Reportage: http://www.zeit.de/sport/tour-de-france.html - chapter-01

Grundlegende Definitionen
• Geschichte = eine „mündliche oder schriftliche, in einem
logischen Handlungsaufbau gebrachte Schilderung eines
tatsächlichen oder erdachten Geschehens,
Ereignisses“ (Duden)
• Erzählung = eine „anschauliche schriftliche oder mündliche
Darstellung, Wiedergabe eines Geschehens“. (Duden)

Definitionen von digitalem Storytelling (1)
• „Digital storytelling is defined as the creation of digital narratives using
emergent forms of digital media. The use of animated images, video, text, music
and audio are powerful mediums used to capture the message of the writer.” (Joe
Lambert, Center of Digital Storytelling)
• „Ob in einer gedruckten Tageszeitung oder einer multimedialen Tablet-App einer
Wochenzeitschrift: Gute Geschichten faszinieren seit jeher die Menschen – ganz
gleich auf welcher Plattform. Kenntnisse über Kameratechnik, Videoschnitt-
Programme oder Software-Tools können einem Journalisten zwar nicht schaden,
das Wichtigste ist und bleibt aber die Fähigkeit, spannende Geschichten zu
recherchieren und sie sowohl korrekt als auch ansprechend zu erzählen.
Digitales Storytelling knüpft an diese Tradition an, indem es uralte
Erzähltechniken, wie jeder sie vom Lagerfeuer her kennt, mit dem Einsatz
digitaler Medien verbindet.“ (S. Sturm)

Definitionen von digitalem Storytelling (2)
• „The final product in digital storytelling is a tale where the imagination, that
listeners previously employed through oral traditions, is now visualized through
digital medium. At its heart, it should have a compelling tale and/or whimsical
story, and fully engage audiences. On the surface, then, DST simply seems like
oral stories with elements unique to a digital format (sounds, video, photos,
computer effects).“ (http://edchnm.gmu.edu/courses/ctch792sp10/category/w3-what-is-digital-storytelling/)

Das Interesse an Storytelling nimmt zu …
Google Trends, Dezember 2013

… und Storytelling wird zum Medienthema
Quelle: Wirtschaftsblatt

ii. Geschichten im Web 2.0

Geschichten und Kommunikationsmodi im Web (1)
Zeitalter des objektiven Nachrichtenjournalismus
Zeitalter des Web 2.0
oberflächlich: Die Trennung von Nachricht und
Meinung und die Gegenüberstellung widersprüchlicher
Quellen nivellieren Konflikte und gestatten keine
vertiefte Auseinandersetzung bzw. Meinungsbildung.
profiliert: Der Verzicht auf die Trennung von Nachricht
und Meinung und auf die Gegenüberstellung von
gegensätzlichen Quellen ermöglicht den Nutzern
exklusive Informationen und Einschätzungen abseits
der normierten Informationsströme.
uniform: Die Themen des objektiven
Nachrichtenjournalismus sind konsequent nach den
journalistischen Nachrichtenfaktoren ausgewählt und
inszeniert (Ausmass und Bedeutung beziehungsweise
Nähe, Aktualität, Human Interest).
authentisch: Die Themen entsprechen den
individuellen Beobachtungsmustern der Verfasser und
wirken – auch dank expressiver Stilmittel –
authentisch.
distanziert: Die hierarchische Anordnung von Fakten
(„The hard facts go first“) lässt die Rezipienten nicht
an der Entwicklung der Geschehnisse teilnehmen.
engagiert: Der Vorteil des Lesers steht stets im
Vordergrund. Die Möglichkeit des unmittelbaren
Leserfeedbacks steigert die Glaubwürdigkeit.

Storytelling entspricht den neuen Kommunikationsmodi im
Zeitalter des Web 2.0:
• Der Einbezug unterschiedlicher Perspektiven erhöht die
Vielfalt und wirkt deshalb profiliert.
• Die Offenlegung des Recherchewegs sorgt für Transparenz
und wirkt deshalb authentisch.
• Nahaufnahmen erhöhen die Exklusivität und wirkt deshalb
engagiert.

Immer mehr Dialoge im Web
beruhen auf Geschichten (Beispiel:
Arbeitgeberbewertung auf Kununu).

iii. Multimedial erzählen: Crossmediale
Inszenierung und Verbreitung in Print und
auf digitalen Medien

Top down versus Bottom up Storytelling (1)
• Top down-Ansatz: Technologischer Zugang über spezielle
Datenbanken, Story engines, Ein- und Ausgabegeräte =
„automated narration as a data structuring method for
information systems“ (Norbert Braun, Zentrum für Grafische
Datenverarbeitung (ZGDV), Darmstadt)
• Bottom up: Gegenströmung ‚von unten‘ als Reaktion auf
hoch technisiertes Top down-Storytelling. Basiert auf
persönlichen, authentischen Geschichten, die privaten
Medienarchiven entstammen.

Top down: Projekt art-E-fact

Bottom up: Projekt Capture Wales
„Digital stories are ‚mini-movies’ created and edited by people
like you - using cameras, com-puters, scanners and their own
photo albums. Everyone has a story to tell and new technology
means that anyone can create a story that can show on a
website like the ones you see here. The idea is to show the
richness of life in Wales through stories made by the people of
Wales. It's you who decide what those stories are.“

Bottom up: Projekt
Capture Wales
• Story als Film oder Text (view
movie, read the transcript) mit
Hintergrundinfo (interview)
• Mapping der Stories auf einer
Landkarte (browse by area)
• Feedback und Kommentare
anderer User
• Eigene Geschichte erzählen

This short film was made by Paula Richards as part of the
BBC Capture Wales Digital Storytelling project. This film
explores themes of Paula's life journey, her history and
the sense of community she remembers from her
childhood during the miners‘ strikes in Wales in the
1980's.
The Digital Storytelling project works with people of all
ages across the world, using digital media to craft,
record, share, and value the stories of individuals and
communities:
“Every community has a memory of itself. Not a history,
nor an archive, nor an authoritative record … A living
memory, an awareness of a collective identity woven of a
thousand stories.“
CaptureWales.mp4

Digitales Storytelling: Top down
Digitales Storytelling: Bottom up
• Rahmen: Technisch innovative
Lösungen für Input und Output:
spezielle Story-Modelle für
interaktives Erzählen
• Risiken: Wenig Projekte, nicht in breite
Kommunikationsprozesse
eingebunden
• Chancen: Institutionalisierter
Wissenstransfer für Geschichte,
kulturelle Archive etc.
• Rahmen: Neue mediale
Verwendungsweisen; neue
Präsentationsstrategien und Meta-
Kommunikation
• Stärken: Stetige Zunahme von
privatem Content (z.B. youTube)
• Chancen: Privates Publizieren
persönlicher, authentischer
Geschichten anhand privater
Medienarchive

Kanäle zu Vermittlung von digitalen Geschichten (1)
• Blogs
• Videoclips (z.B. youTube)
• Bilder (z.B. flickr)
• Pinwände (z.B. Pinterest)
• Präsentationen (z.B. Slideshare)
• Spiele
• Interaktive Magazine (z.B. http://www.creativist.com)

Flickr (http://www.flickr.com/groups/visualstory/discuss/72157594311362023/)

Pinterest (http://www.pinterest.com/oscarprgirl/bridal/)

Präsentationen (http://goo.gl/nH2wHI)

Spiele (http://projects.propublica.org/graphics/heartsaver)

https://creatavist.com/cms/

Andere Erzählweise im digitalen Storytelling?
Verlangt digitales Storytelling eine andere Art der
Erzählweise als herkömmliches Storytelling?
– Nein! Denn …
„If digital media can be said to create new forms of
narrativity, this novelty does not concern semantics, but,
rather, presentational strategies (that is, discourse) and
above all, pragmatic factors: new modes of user
involvement; new types of interface; and new relations
between the author (or, rather, system designer), the plot (or
plots), and users.”
(Marie-Laure Ryan: Narrative across Media)

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